Schluss mit Ratschlägen – so geben Sie Feedback!

Der Begriff „Feedback“ ist in der modernen Arbeitswelt allgegenwärtig. Im Zentrum dabei steht meist die Feedbackfähigkeit und ihre zwei Ausprägungen: Man unterscheidet das „Feedback geben“ und das „Feedback annehmen“. Dabei wird das „Feedback geben“, jedoch leider oft damit verwechselt, gut gemeinte Ratschläge zu erteilen. Wir erklären, worin der Unterschied besteht und veranschaulichen anhand von Beispielen, wie Sie Ihr Feedback optimal gestalten können!

„Feedback“ und „Ratschläge“ haben vieles gemeinsam und dennoch einige fundamentale Unterschiede. Beide Konzepte sollen und wollen die (berufliche) Weiterentwicklung fördern – in der Umsetzung schlagen sie jedoch sehr unterschiedliche Wege ein.

Ratschläge sind meist dort angebracht, wo man es mit unerfahrenen Mitarbeitenden zu tun hat, wenig Zeit besteht, um Kolleginnen und Kollegen zum „Selbstlernen“ zu animieren oder ein hohes Fehlerrisiko existiert. In Ratschlägen findet man den vermeidlich schnellen Weg des Ad-hoc-Wissenteilens.

Feedback hingegen ist üblicherweise dort zielführender, wo es darum geht, Lernprozesse sowie Lernmotivation langfristig zu fördern. Es handelt sich um den scheinbar langsameren Weg, er ist jedoch häufig auch nachhaltiger.

Feedback geben: Der Grundaufbau

Der Grundaufbau eines gelungenen Feedbacks besteht darin, nicht zu bewerten, sondern zu beschreiben und dabei konkret und nicht zu allgemein zu sein. Es geht um die Schilderung der eigenen Beobachtung und des eigenen Eindrucks. Bei diesem ersten Eindruck darf es jedoch nicht bleiben. Gehen Sie noch einen Schritt weiter: Benennen Sie auch die Auswirkungen auf eine Situation, die Sie auf Basis Ihrer Beobachtungen wahrnehmen oder erwarten.

Feedback geben = Beobachtung + Auswirkung

Ein Beispiel fürs Feedback: „Ich habe beobachtet, dass du in diesem Meeting den dominierenden Redeanteil hattest und andere nicht zu Wort kommen konnten. Ich habe dadurch den Eindruck, dass nicht alle ihre Bedenken äußern oder ihre Anregungen einbringen konnten. Dadurch haben wir nicht alle wichtigen Impulse erhalten.“

Das Schema hinter dem Feedback geben:

  • Ich habe bemerkt, dass X. Ich spreche dies an, weil Y.“

Im Kern kann man solche Aussagen als Feedback bezeichnen. Es handelt sich jedoch nicht um entwicklungsorientiertes Feedback, denn der Lern- und Veränderungsimpuls wird nicht adressiert.

Feedback geben mit den 3Ws

Bei der 3W-Regel handelt es sich um eine der klassischen Feedbackregeln. Demnach besteht das ideale Feedback aus:

1. Wahrnehmung: „Ich habe bemerkt, dass X.“

2. Wirkung: „Ich spreche dies an, weil Y.“

3. Wunsch: „Ich wünsche mir in Zukunft, dass Z.“

Zum vorherigen Beispiel müssten wir also einen „Wunsch“ hinzufügen: „Ich würde mir wünschen, dass du den anderen Meinungen mehr Raum gibst und bewusst darauf achtest, dass jeder sein Anliegen einbringen kann.“

Der Wunsch soll einerseits eine mögliche Richtung der Verhaltensänderung aufzeigen und andererseits die Umsetzungshoheit beim Feedbackempfangenden belassen.

Die Regeln beim „Feedback geben“ sind daher:

  • Ich beobachte etwas, das dir wohl nicht bewusst ist.
  • Zeige es dir auf.
  • Sage dir, warum dies wichtig ist und was ich mir wünschen würde.
  • Überlasse dir, was du daraus machst.

Aber was unterscheidet nun den „Wunsch“ im Sinne des Feedbacks von einem Ratschlag?

Ratschlag geben: Der Grundaufbau

Bei einem Ratschlag handelt es sich um eine ausgesprochene Empfehlung in Bezug auf eine Handlungsalternative. „Ich beobachte etwas, das aus meiner Sicht nicht optimal ist und gebe im Zuge dessen eine Lösung für das Problem.“

Ratschlag = Beobachtung + empfohlenes alternatives Verhalten

Beispiele für Ratschläge:

  • „Ich empfehle dir, in Meetings weniger Redezeit zu beanspruchen und den anderen mehr Raum zu geben, um ihre Meinung auszusprechen.“
  • „Ich empfehle dir jeden im Raum direkt anzusprechen und zu fragen, ob er oder sie noch Anmerkungen zu dem Thema hat, bevor du zum nächsten Tagesordnungspunkt übergehst.“

Feedback geben: Wunsch als verdeckter Ratschlag

In den folgenden Beispielsätzen zum Thema „Feedback geben“ liegen Wunsch und Ratschlag nah beieinander.

  • Eine Kollegin oder ein Kollege sagt: „Ich wünsche mir, dass du auch mich zu Wort kommen lässt.“
  • Eine Führungskraft sagt: „Ich wünsche mir, dass du alle zu Wort kommen lässt.“

Der Kontext macht den Unterschied. Auch wenn beide Formulierungen per Definition einen Wunsch ausdrücken, kann man davon ausgehen, dass der „Wunsch“ der Führungskraft eher als Ratschlag oder Weisung verstanden wird.

So geben Sie richtig Feedback

Um richtig Feedback zu geben und nicht nur Ratschläge zu erteilen, helfen die folgenden Regeln:

1. Äußern Sie Ihre Wünsche als Kollegin oder Kollege

Die ideale Variante, um sehr persönliches Feedback auf einer kollegialen Ebene zu äußern, bleibt der „Wunsch“. Sich darauf zu beziehen, wie es einem selbst in einer Situation erging und was man sich selbst wünschen würde, ist in diesem Fall passend.

Um in unserem Beispiel zu bleiben: „Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass das gesamte Team zählt. Ich hätte mir damals gewünscht, dass alle Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit haben, ihre Meinung zu äußern.“

2. Schlagen Sie mehrere Lösungswege vor

Um das Ratschlag-Potenzial zu verringern, bietet sich auch an, mehrere Vorschläge zu formulieren, die in unterschiedliche Lösungsrichtungen gehen.

Zum Beispiel: „Ich würde mir wünschen, dass du X machst oder auch Y machst oder auch Z machst.“

Die Entscheidung liegt dann wiederum bei der Feedbackempfängerin oder dem -empfänger.

3. Stellen Sie konkrete Fragen

Man kann anstelle des Wunsches auch stärker auf Fragen setzen, die dabei helfen können, die Sichtweise des Feedbackempfangenden zu beleuchten und Handlungsalternativen zu entwickeln.

In unserem Beispiel: „Wie hast du das Meeting erlebt?“ Oder: „Wie könnte man das aus deiner Sicht in Zukunft vermeiden?“

4. Bieten Sie Unterstützung an

Ebenso dankbar: Man fragt dezidiert danach, ob der Feedbackempfangende einen Ratschlag haben möchte.

Beispielsweise: „Mir ging es in den ersten, von mir moderierten Meetings ähnlich. Möchtest du wissen, was ich seither anders mache, um das Problem gezielt zu vermeiden?“

Feedback geben: Warum der Unterschied zum Ratschlag zählt!

Feedback geben ist gut. Ratschläge können ebenso gut sein. Ratschläge sind aber vor allem dort sinnvoll, wo jemand noch nicht so viel Wissen oder Erfahrung besitzt. Um eine Situation zu beurteilen, kann der Rat von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen dabei helfen, Fehler zu vermeiden.

Feedback im Sinne von „Die Entscheidungsfreiheit liegt beim Feedbackempfangenden“ ist hingegen vor allem dort angebracht, wo man Selbstlernprozesse anregen möchte.

Und damit hat das Feedback einen positiven Einfluss auf drei konkrete Werte:

Selbstreflexion

Ein Ratschlag stellt das, was man tun sollte ins Zentrum und vernachlässigt das, was geschehen ist. Bewusstes Feedback hingegen erhöht die Selbstreflexionsfähigkeit.

Motivation

Ein Ratschlag ohne Beachtung der Auswirkungen auf eine Situation kann Widerstand auslösen. Ein: „Ich kann dich nicht hören“ ist wirksamer als ein: „Sprich lauter“.

Autonomie

Feedback ist meist dort am wirksamsten, wo die Entscheidungs- und Handlungsautonomie des Feedbackempfangenden gefördert und nicht beschnitten wird. Nur dann kann man sich entscheiden, wie man den Wunsch des Feedbackgebenden berücksichtigen kann.

 

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