Sie haben eine Mitarbeiterbefragung konzipiert und erfolgreich durchgeführt? Wie geht es nun mit den erhobenen Daten weiter? Wie kann man aus einer Mitarbeiterbefragung Maßnahmen ableiten, um das Unternehmen voranzutreiben. Die Antwort – agile Prinzipien!
Die Frage über die Ableitung von sinnvollen Maßnahmen im Anschluss an eine Mitarbeiterbefragung ist nicht trivial. Ganz im Gegenteil: Sie entscheidet alles. Denn Mitarbeiterbefragungen sind nicht mit klassischer „Marktforschung“ gleichzusetzen: Man befragt keine Passantinnen und Passanten auf der Straße, belohnt (oder bezahlt) diese für ihre Zeit und lässt im Anschluss nichts von den Ergebnissen hören.
Befragung als Organisationsentwicklung
Mitarbeiterbefragungen sind Instrumente der Organisationsentwicklung. Man befragt Betroffene, um diese zu Beteiligten zu machen; dementsprechend sollte auch die Ableitung von Maßnahmen integrativ und allumfassend sein. Mitarbeiterbefragungen sind zudem der Sozialforschungsschule „Action Research“ zuzuordnen: Man befragt per se, um das Befragungsobjekt positiv zu beeinflussen. Es handelt sich somit nicht um eine „interessensfreie“ Forschung. Als Instrumente der partizipativen Unternehmensführung dienen Mitarbeiterbefragungen des Weiteren besonders dazu, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „anzuhören“ und „einzubeziehen“.
Infolge der Mitarbeiterbefragung Maßnahmen ableiten: Empfehlungen
Im Studium der klassischen Literatur findet man meist zwei „Daumenregeln“, die dabei helfen sollen, sinnvolle Maßnahmen aus Mitarbeiterbefragungen abzuleiten.
1. SMARTE Maßnahmen
Im Nachgang an eine Mitarbeiterbefragung liest man häufig Empfehlungen wie: „abgeleitete Maßnahmen sollen SMART sein“; also spezifisch, messbar, attraktiv / ambitioniert, realistisch und terminiert. Dabei sind aber oft nur formale Empfehlungen greifbar zum Beispiel wie eine Maßnahme verschriftlicht werden soll. Solche Empfehlungen dienen daher nicht der Prozessunterstützung, um sich inhaltlichen Maßnahmen anzunähern.
2. STOP-Prinzip
Im Bereich der Evaluierung psychischer Belastungen findet sich häufig der Verweis auf die STOP-Regel aus der Unfallprävention. Demnach kann eine Belastung substituiert oder durch technische, organisatorische oder personenbezogene Maßnahmen gemildert werden. Eine hilfreiche „Daumenregel“, die jedoch an bereits identifizierten und klaren Brennpunkten ansetzt. Es handelt sich um eine Art Lösungshierarchie, die dabei hilft, verschiedene Lösungsoptionen umfassend zu berücksichtigen. Sie eignet sich demnach auch nicht uneingeschränkt dafür, treffsichere Maßnahmen aus einer Mitarbeiterbefragung abzuleiten.
Folgend geben wir konkrete Unterstützung und Anleitung zum Umgang mit Ergebnissen einer Mitarbeiterbefragung und abzuleitenden Maßnahmen. Nicht als einseitiges Rezept (welches im Vorhinein bereits zum Scheitern verurteilt wäre), sondern in Form von Prinzipien, Denkmodellen und Lösungswegen.
Auf Basis der Mitarbeiterbefragung Maßnahmen ableiten und dabei agile Prinzipien nutzen
In diesem Artikel möchten wir auf agile Prinzipien der Softwareentwicklung Bezug nehmen, die aus unserer Sicht helfen, den Prozess der Maßnahmenableitung und -gestaltung zu optimieren. Agilität ist dabei nicht als trennscharfe Definition zu verstehen, sondern vielmehr als eine Denkrichtung, die darüber aufklärt, wie Sie mit gewissen Situationen umgehen können. Dabei sind vier Grundregeln auszumachen, die sich häufig in der agilen Softwareentwicklung finden und die aus unserer Sicht eine klare Bedeutung für den Aufarbeitungsprozess und das Ableiten von Maßnahmen aus Mitarbeiterbefragungen besitzen.
Die vier agilen Prinzipien der Softwareentwicklung bei der Ableitung von Maßnahmen aus einer Mitarbeiterbefragung:
1. Individuen und Interaktionen stehen über Prozessen und Werkzeugen
Dies heißt für Mitarbeiterbefragungen, dass der Dialog und das partizipative Arbeiten von Führungskräften und Mitarbeitenden im Zentrum stehen sollten; der Fokus soll nicht auf komplexen Statistiken und hochaggregierten Kennzahlen liegen. Keine „Analysis Paralysis“, sondern das dialogische Erschließen der Bedeutung. Nicht die Hoffnung, dass die statistische Analyse die korrekte Maßnahme definieren kann. Nicht zwangsläufig ein Top-down- oder Bottom-up-Ansatz, sondern Veränderung im Gegenstromprinzip.
2. Funktionierende Software steht über einer umfassenden Dokumentation
Für Mitarbeiterbefragungen bedeutet dies, dass es wichtiger ist, Teams, Abteilungen, lokal-funktionierende Ideen, Maßnahmen und Veränderungen zu entwickeln, als Follow-up-Tracker zu befüllen und Maßnahmenpläne Bottom-up für das Top-Management zu aggregieren. Die softwaregestützte Dokumentation von Maßnahmen kann für große Organisationen durchaus eine Erleichterung darstellen. Aber das Befüllen dieser „Activity Tracker“ und „Follow-up-Planer“ darf nicht zum Selbstzweck werden. Nicht 600 festgehaltene Maßnahmen bestimmen den Erfolg, sondern die richtigen Maßnahmen und vor allem deren konsequente Umsetzung sind von Bedeutung. Gegebenenfalls ist eine effektive Maßnahme besser als 10 halbherzige.
3. Zusammenarbeit mit dem Kunden steht über der Vertragsverhandlung
Dementsprechend benötigt eine Mitarbeiterbefragung Freiräume in der Interaktion der unmittelbaren Betroffenen und Ideen, die nicht an langwierige Freigaben gebunden sein sollten. Es braucht wechselseitiges Vertrauen und Mittel, dieses Vertrauen in Aktion umzusetzen. Unternehmen müssen für sich entscheiden, ob sie einen klassischen „Ideen von unten – Freigabe von oben“ Prozess bevorzugen, der sich wiederum von operativen Ebenen „von oben“ abhängig macht. Oder ob sie Freiräume, Budgets und den Vertrauensvorschuss maximieren können.
4. Die Reaktion auf Veränderung steht über dem Befolgen eines Plans
Bei einer Mitarbeiterbefragung geht es nicht um ein „unfreeze – move – freeze“-Bild der Organisationsentwicklung oder um die Wasserfallplanung von Maßnahmen. Es geht vielmehr um einen permanenten Lern- und Anpassungsprozess. Egal wie die ursprüngliche Maßnahmenidee ausgesehen hat, sie kann sich jederzeit verändern. Der Erfolg besteht nicht darin, eine festgelegte Maßnahme zu „erledigen“; er besteht im Nutzen der abgeleiteten Maßnahme für die Betroffenen.
Agile Aufarbeitungsprozesse
Wir empfehlen Unternehmen, diese Gedanken in ihre Arbeit mit Befragungsergebnissen zu integrieren und die Aufarbeitungsphase als Lern- und Trainingsinstrument für organisationale Lernprozesse zu begreifen. Das Ergebnis ist dabei ebenso wichtig wie das, was man auf dem Weg dorthin tut. Dies bedeutet für uns:
- Die Maßnahmen sollen direkt mit Betroffenen entwickelt werden. Dies inkludiert auch die Priorisierung der aus Mitarbeiterbefragungen abgeleiteten Maßnahmen. Dabei sollte ein „Survey Backlog“ entstehen; diesem kann man sich im Nachgang schrittweise widmen.
- Hinsichtlich der „Employee Experience“: Man sollte Maßnahmen aus Mitarbeiterbefragungen ableiten, die die Bedürfnisse und Erlebenswelt der Mitarbeitenden berücksichtigen. Dabei handelt es sich nicht immer um die fachlich beste Lösung, sondern oft um eine problemlose Anwendbarkeit aus Nutzersicht.
- Es gibt keine „perfekte“ Lösung. Der Fokus liegt auf dem ersten „lauffähigen Prototyp“, den man an einer kleinen Gruppe testet, modifiziert und danach ausrollt. Aufarbeitungsprozesse können daher an eine Sprint-Logik angelehnt werden. Daher wird eine Lösung in iterativen Prozessen schrittweise erarbeitet.
- Im Mittelpunkt stehen auch Zeit und Aufmerksamkeit hinsichtlich eines offenen Austausches über die gemachten Lernerfahrungen. Hier steht nicht nur der Austausch bei der Ableitung von Maßnahmen aus einer Mitarbeiterbefragung im Vordergrund, sondern auch der Austausch bei der Evaluation und Anpassung von Maßnahmen. Schließlich ist das Ziel zu lernen und das am besten gemeinsam!
Maßnahmen aus Mitarbeiterbefragungen ableiten und Beteiligte begeistern
Um Agilität zu erreichen, muss die kleinste arbeitende Einheit – das Team – aktiviert werden. Es gilt Verantwortung zu übertragen und Freiräume zu geben. Machen Sie die Befragten zu Beteiligten, aber Beteiligte auch zu Begeisterten!
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