Feedback geben ist eine Kunst. Und wie bei jeder Art von Kunst verlangt es auch hier nach Übung und der richtigen Technik. Schließlich ist das Ziel von Feedback, es so zu vermitteln, dass der Feedbackempfangende damit konstruktiv umgehen und wirksame Handlungsanweisungen ableiten kann. Wir stellen Ihnen Regeln und Tipps für konstruktives Feedback vor, die sie unbedingt beachten sollten!
Konstruktives Feedback ist ein Katalysator, der Lernprozesse anregt, Veränderung nach sich zieht und somit einen wichtigen Beitrag zur positiven Organisationsentwicklung leistet. Aber wie formuliert man konstruktives Feedback?
Die 3W-Regel für Feedback
Laut der klassischen 3W-Regel sollte konstruktives Feedback auf der Basis von „Wahrnehmung“, „Wirkung“ und „Wunsch“ geäußert werden.
1. Die erste Feedback-Regel: die Wahrnehmung
„Ich habe X bemerkt.“
Der ideale Aufbau eines konstruktiven Feedbacks legt den Fokus auf das „Beschreiben“ statt auf das „Bewerten“ und bleibt nicht allgemein, sondern bezieht sich ganz konkret auf bestimmte Beobachtungen oder Situationen. Es geht um die Schilderung der eigenen Wahrnehmung, des eigenen Eindrucks.
2. Die zweite Feedback-Regel: die Wirkung
„Ich spreche dies an, weil Y.“
Konstruktives Feedback sollte jedoch über die Wahrnehmungsebene hinausgehen und zusätzlich die Wirkung des Verhaltens beinhalten.
Feedback = Wahrnehmung (X) + (Aus-)Wirkung (Y)
Hier ein Beispiel, wie Sie die „Wirkung“ in einem konstruktiven Feedback ansprechen können: „Ich habe beobachtet, dass du in diesem Meeting den dominierenden Redeanteil hattest und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu Wort kommen konnten (X). Ich habe den Eindruck, dass nicht alle Mitarbeitenden ihre Bedenken geäußert oder ihre Anregungen eingebracht haben und wir dadurch wichtige Impulse verloren haben (Y).“
Es handelt sich bei diesem Beispiel zwar prinzipiell schon um eine Art von Feedback – es ist aber noch kein entwicklungsorientiertes Feedback. Denn dazu fehlt noch ein letzter Schritt: Der Veränderungsimpuls, der das Lernen ermöglicht.
3. Die dritte Feedback-Regel: der Wunsch
„Ich wünsche mir in Zukunft Z.“
Um aus Feedback lernen zu können, braucht es eine Antwort auf die Frage: „Was ist jetzt mit dem Feedback zu tun?“. Diese Frage kann durch den Wunsch ausgedrückt werden. Dieser gibt eine mögliche Richtung der Verhaltensänderung vor und zeigt auf, wie die ideale Zusammenarbeit in Zukunft aussehen könnte. Er zeigt potenzielle Entwicklungsfelder, überlässt die Umsetzungshoheit jedoch dezidiert den Feedbackempfangenden.
Ein Beispiel: „Ich würde mir wünschen, dass du den Meinungen der anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr Raum gibst und bewusst darauf achtest, dass jeder im Team sein Anliegen einbringen kann.“
Konstruktives Feedback besteht also aus den folgenden drei Komponenten:
- Ich beobachte etwas, das dir wohl nicht bewusst ist und zeige es dir auf (X)
- Ich sage dir, welche Auswirkungen dies meiner Meinung nach hat und warum es daher wichtig ist (Y)
- Ich sage, was ich mir wünschen würde und überlasse es dir, was du daraus machst (Z)
Feedback vs. Ratschlag: Was ist der Unterschied?
Warum wurde beim Wunsch so eindrücklich betont, dass die Entscheidungsfreiheit beim Feedbackempfangenden liegt? Hier kommt der Ratschlag als Bestandteil der Rückmeldung ins Spiel. Er wird zwar häufig als Synonym zum Begriff „Wunsch“ verwendet, ist jedoch von diesem zu unterscheiden!
Ein Ratschlag ist eine ausgesprochene Empfehlung in Bezug auf eine Handlungsalternative.
Ratschlag = Beobachtung + empfohlenes alternatives Verhalten: „Ich empfehle dir, jeden Mitarbeitenden im Raum direkt anzusprechen und zu erfragen, ob er oder sie noch Fragen oder Anmerkungen zum Thema hat, bevor du zum nächsten Tagesordnungspunkt übergehst.“
Aber wo ist jetzt der Unterschied zum Wunsch? Stellen Sie sich vor, diese Empfehlung würde nicht von einer Kollegin oder einem Kollegen kommen, sondern von einer Führungskraft. Auch wenn es sich um einen Wunsch handelt, würden Sie diesen wahrscheinlich in den meisten Fällen eher als Ratschlag oder Weisung verstehen.
Feedback vs. Ratschlag: Warum zählt der Unterschied?
Bei einem Ratschlag besteht jedoch die Gefahr, dass sich der Feedbackempfangende durch die klare Handlungsanleitung begrenzt fühlt und die folgenden drei Komponenten des konstruktiven Feedbacks wegfallen oder zu kurz kommen:
- Selbstreflexion: Ein Ratschlag stellt meist das, was man tun sollte ins Zentrum und vernachlässigt das, was geschehen ist. Konstruktives Feedback in Bezug auf eine bestimmte Situation erhöht hingegen die Selbstreflexionsfähigkeit.
- Motivation: Ein Ratschlag ohne Fokus auf mögliche Auswirkungen löst teilweise Widerstand aus. Ein „ich kann dich nicht hören“ ist wirksamer als ein „sprich lauter“.
- Autonomie: Feedback ist meist dort am wirksamsten, wo die Entscheidungs- und Handlungsautonomie des Feedbackempfangenden gefördert und nicht beschnitten wird. Denn dann kann man sich frei entscheiden, wie der Wunsch der Feedbackgebenden berücksichtigt werden kann.
Ratschläge sind in bestimmten Situationen der Zusammenarbeit sinnvoll und einem reinen Feedback-Wunsch überlegen. Zum Beispiel wenn Personen noch nicht über genügend Wissen oder Erfahrung verfügen, um eine Situation umfassend beurteilen zu können. Dann hilft der Rat der erfahrenen Führungskräfte, um zu lernen. Oder wenn bestimmte Verhaltensweisen ohne Handlungsalternativen eingehalten werden sollen und das Feedback negative Abweichungen von diesem Verhalten aufzeigt. Unterm Strich: Die Situation entscheidet darüber, ob konstruktives Feedback mit einem konkreten Wunsch oder ein Ratschlag angebracht ist.
3 Tipps, wie Feedback konstruktiv verarbeitet wird
1. Bieten Sie mehrere Vorschläge an
Indem man mehrere Vorschläge formuliert, die in unterschiedliche Lösungsrichtungen gehen, reduziert man den Ratschlag-Charakter eines Feedbacks. Die Entscheidung liegt dann wiederum stärker beim Feedbackempfangenden. Ein Beispiel: „Ich würde mir wünschen, dass du A machst oder auch B machst oder auch C machst.“
2. Erarbeiten Sie Vorschläge gemeinsam mit dem Feedbackempfangenden
Durch aktives Fragen kann man die Sichtweise des Feedbackempfangenden besser beleuchten und dazu anregen, eigenständige Handlungsalternativen zu entwickeln. Ein Beispiel, wie Sie das aktive Fragen im Gespräch nutzen können: „Wie hast du das Meeting erlebt? Wie könnte man solche Situationen aus deiner Sicht in Zukunft vermeiden?“
3. Fragen Sie, ob der Wunsch nach Ratschlag besteht
Man fragt dezidiert, ob der Feedbackempfangende einen Ratschlag haben möchte. Zum Beispiel: „Mir ging es in den ersten von mir moderierten Meetings mit dem Management ähnlich. Möchtest du wissen, was ich seither anders mache, um das Problem gezielt zu vermeiden?“
Mit diesen einfachen Tipps können Sie konstruktives Feedback formulieren und zudem dafür sorgen, dass Ihr Feedback auch konstruktiv umgesetzt wird. Beachten Sie die 3W-Regel und grenzen Sie Ihr Feedback bewusst von einem gut gemeinten Ratschlag ab!
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