Um die Organisationsentwicklung unserer Kundinnen und Kunden vielfältig und möglichst wirksam zu unterstützen, arbeiten wir mit unserem Partnernetzwerk zusammen. Gerade, wenn es um das betriebliche Gesundheitsmanagement sowie das Thema „Mental Health“ am Arbeitsplatz geht, greifen wir projektbezogen gerne auf die Expertise von WorkPlaceHealth zurück. Im Interview geht Arbeitspsychologe und Geschäftsführer von WorkPlaceHealth, Daniel Ott-Meissl, auf die Schwerpunkte unserer Kooperation ein und erklärt u. a., wie gesunde Arbeitsbedingungen nachhaltig zu pflegen sind.
Bei den Expertinnen und Experten von WorkPlaceHealth stehen die Entwicklung von gesunden Arbeitsplätzen und die Förderung von Gesundheitskompetenzen in Unternehmen an erster Stelle. Wir haben mit Geschäftsführer Daniel Ott-Meissl über Mental Health am Arbeitsplatz, effektive Arbeitsplatzevaluierungen sowie die Zusammenarbeit mit vieconsult gesprochen.
Auf eurer Website steht: „Wir sind Lösungsfinder und Umsetzer gesunder Arbeitsumwelten“. Was zeichnet eine gesunde Arbeitsumwelt aus?
Gesunde Arbeitsumwelten sind das, was wir Menschen häufig suchen und auch verdient haben. Was genau unter „gesund“ und „Arbeitsumwelt“ verstanden werden kann, lässt natürlich einigen Interpretationsspielraum offen.
Ich möchte so antworten: Aus der Sicht eines spezialisierten Dienstleisters im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements in Österreich meinen wir damit, dass das gesamte Spektrum an gesundheitsförderlichen Variablen berücksichtigt wird. Das fängt bei der Sicherstellung von menschengerechten Arbeitsanforderungen an, umfasst die Gestaltung von räumlichen Ressourcen, in denen wir uns während des Arbeitens aufhalten und setzt schließlich auch am Verhalten des einzelnen Menschen an.
Unter einer „gesunden Arbeitsumwelt“ verstehe ich persönlich auch, dass wir uns autonom gesundheitsförderlich verhalten können und dürfen.
Organisationale Gesundheitsförderung ist ein kontinuierlicher Prozess. Was sind die Must-haves, um die Gesundheit in Unternehmen nachhaltig zu pflegen?
Dieser erste Satz entspricht meinem persönlichen, aber auch fachlichen Verständnis von Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz. Meines Erachtens fangen Organisationen einerseits niemals bei „null“ an (z. B. gibt es in jedem Betrieb einen förderlichen Umgang im Falle von eingetretenen Krankenständen). Auf der anderen Seite gibt es einfach unglaublich viele und sinnvolle Möglichkeiten, wie die Gesundheit bzw. gesunde Arbeitsbedingungen unterstützt werden können.
Heutige Standards sind beispielsweise das regelmäßige Zusammentreffen einer dezidierten Steuerungsgruppe als Einheit von verantwortlichen Personen. Dadurch werden im Regelfall auftretende Problemstellungen bzw. Bedürfnisse einfacher sowie kontinuierlich besprochen. Darüber hinaus können sich kollektive Angebote (z. B. Workshops, Impulsvorträge oder Gesundheitstage), welche sehr arbeitsplatzorientiert sein sollten, relativ „schnell rechnen“. Damit komme ich zudem auf den wichtigen Aspekt der finanziellen Investition zu sprechen. Wenn sich Organisationen explizite Budgets überlegen und für die Gesundheitsförderung im Arbeitskontext einplanen, dann können einige Hindernisse vorab entfernt werden.
Unter diesen Umständen kann man tatsächlich von einem „kontinuierlichen Prozess“ sprechen.
Wie profitieren Unternehmen von der gesetzlich verpflichtenden Evaluierung psychischer Belastungen?
Die Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz ist in meinen Augen ein langjährig erprobtes Verfahren, welches stets mithilfe von Expertinnen und Experten umgesetzt werden sollte, um tatsächlich zwei Fliegen mit einer Klatsche zu schlagen:
- Unternehmen binden ihre Mitarbeitenden aktiv ein (z. B. in den Teilschritten wie Befragungen, Bewertungen und Maßnahmenvorschlägen), wenn es sich um mögliche Veränderungen des eigenen Arbeitsplatzes handelt. Allein dadurch können bereits unmittelbare Entlastungseffekte durch „Orientierungsgewinn“ resultieren. Als Arbeitsplatzinhaberin oder -inhaber versteht man anschließend besser, welche Arbeitsbelastungen tatsächlich und ursächlich auf die eigene Leistungsmotivation bzw. Leistungsfähigkeit einwirken.
- Für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ist es sehr bedeutsam zu verstehen, welche konkreten Arbeitsbelastungen sich in welcher Intensität, Häufigkeit oder auch problematischen Kombination tatsächlich im beruflichen Alltag zeigen. Diese spezielle Form der Arbeitsplatzevaluierung erlaubt – sofern sie professionell und umsichtig umgesetzt wird – die wahrscheinlich krankmachenden oder fehlerhaften Arbeitssysteme aufzuspüren, um frühzeitig gegenzulenken.
Falls sich herausstellt, dass die vorhandenen Arbeitsbelastungen zu keinen oder nur sehr geringen Fehlbeanspruchungen beim Menschen führen, haben Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber immerhin die Gewissheit gewonnen, dass sie nicht (mehr) bei den eigenen Arbeitssystemen nach Lösungen suchen müssen.
Wie können Mitarbeiterbefragungen und Führungskräftefeedbacks die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz wirksam unterstützen?
Die systematische Erhebung von Arbeitsbelastungen, das Befragen von zufriedenheitsförderlichen Aspekten oder die effektive Arbeit und Unterstützung durch Führungskräfte – alle Verfahren haben natürlich gemeinsam, dass die psychische Gesundheit durch sie unterstützt werden soll. Ich erlebe in der Praxis, dass dies vielen gar nicht bewusst ist.
Die menschliche Gesundheit entspricht dem heutigen Verständnis des bio-psycho-sozialen Modells. Wir wissen, dass sämtliche Einflüsse von außen (aber auch von innen) verschiedensten Zusammenhängen unterliegen. Diese Gesetzmäßigkeiten wirken auf jeden Menschen im Arbeitskontext sehr unterschiedlich, dennoch können wir dank moderner arbeits- und organisationspsychologischer bzw. gesundheitspsychologischer Erkenntnisse sehr konkrete Wahrscheinlichkeiten berechnen sowie Prognosen anstellen. Sämtliche Erhebungsinstrumente wie z. B. das 360-Grad-Feedback mit Führungskräften oder eine maßgeschneiderte Mitarbeiterbefragung – idealerweise unterstützt durch vieconsult – helfen schlussendlich die Orientierung über vorhandene Einflüsse und Potenziale zu erlangen. Dies wirkt sich spätestens im zweiten Schritt – der Maßnahmenumsetzung – zum Vorteil auf die gemeinsame psychische Gesundheit bzw. Leistungsfähigkeit sowie das Wohlbefinden aller Beteiligten aus.
Was verbindet WorkPlaceHealth und vieconsult? Wie läuft die Kooperation zwischen den Unternehmen ab?
Uns verbindet eine gemeinsame Partnerschaft, welche wir auf Unternehmensebene kontinuierlich weiterentwickeln werden.
Wir beabsichtigen damit einerseits die jeweiligen Schwerpunkte (Expertise in Befragungsprojekten und Organisationsentwicklung sowie Expertise im Betrieblichen Gesundheitsmanagement) für unsere gemeinsamen Kundinnen und Kunden sichtbarer sowie zugänglicher zu machen. Andererseits können beide Organisationen gemeinsame Ressourcen in Zeiten erhöhter Nachfrage bündeln.
Wir – vieconsult und WorkPlaceHealth – werden zunächst dafür Sorge tragen, dass wir möglichst nahtlose und eingespielte Prozesse etablieren. Die konkreten Kundenwünsche werden dann den weiteren Weg weisen.
Die Covid-Pandemie hat viele Unternehmen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stark herausgefordert, beeinflusst und verändert. Inwiefern werden diese Entwicklungen in unseren gemeinsamen Projekten sichtbar?
Das ist eine äußerst interessante Frage. Ich denke, dass unsere beiden Organisationen schon früh und unabhängig voneinander erkannt haben, dass sich auf mehreren Ebenen neue unternehmensseitige Entwicklungen ergeben haben. Häufig ist in diesem Zusammenhang ja von einem „Strukturwandel“ oder „Wertewandel“ die Rede.
Sei es hinsichtlich der zeitweise notwendigen und inzwischen vielfach gebliebenen „virtuellen/hybriden Zusammenarbeit“, wegen intensiv diskutierter Themenstellungen wie „neue Raumkonzepte für das Arbeiten“ oder ganz generell im Umgang mit „volatilen Rahmenbedingungen“, beispielsweise durch zusätzliche Planungsunsicherheit.
Ich denke, wir können gemeinsam Wert darauf legen, dass wir diesen Zeitgeist erkennen und ihn früh akzeptieren. Daraus resultiert, dass wir die Organisationen in unserem Kundenkreis somit auch im Hinblick auf „kritische Wendepunkte“ mit aller Sorgfalt sowie Vorsicht unterstützen und dabei zudem für erforderliche Veränderungen sensibilisieren.
Wagen wir eine kleine Prognose. Was sind die Top 3 Themen, die die Gesundheit am Arbeitsplatz in den nächsten 5 Jahren besonders stark prägen werden?
Die folgenden Punkte entsprechen meiner persönlichen Einschätzung:
Individualisierung der Angebote. Beispielsweise mittels „Punkte-Konto“ können Arbeitnehmende zukünftig und zunehmend selbstbestimmter die entsprechenden gewünschten gesundheitsförderlichen Angebote abrufen bzw. darin ihr Guthaben investieren oder umwandeln. Sei das Angebot innerbetrieblich verfügbar, extern unterstützt oder völlig außerhalb der Organisation.
Bedeutsamkeit psychischer Gesundheit. Die Wichtigkeit der psychischen Belastungen als entscheidende Einflussfaktoren für Wohlbefinden, Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit der modernen Gesellschaft sowie der Folgen der psychischen Gesundheit für ein gelungenes Leben wird weiter zunehmen, davon bin ich überzeugt. Im Kontext des Arbeitsplatzes stehen wir hier aber noch am Anfang.
Folgen des Klimawandels. Steigende Hitzebelastungen, extreme Wetterereignisse, remote-working-Alternativen – nur um einige Auswirkungen zu benennen. Diese Herausforderungen werden viele Branchen und unzählige einzelne Arbeitsplätze betreffen. Das fehlende Anerkennen von Hitzebelastungen kann sich beispielsweise zu einem großen Problem ausweiten. Sowohl für die individuelle Gesundheit als auch im Hinblick auf organisationale Leistungsfähigkeit.
Zum Schluss noch etwas Selbstanalyse: Welchen Belastungen sind Arbeitspsychologinnen und Arbeitspsychologen (wie ihr) in ihrer Arbeit am stärksten ausgesetzt?
Meiner bisherigen Erfahrung nach sind Arbeitspsychologinnen und -psychologen – als Expertinnen und Experten rund um Arbeitsbelastungen und deren Auswirkungen auf den Menschen – natürlich auch selbst einer Vielzahl von eigenen Belastungen ausgesetzt. Ich schätze, es kommt zunächst stark auf das Beschäftigungsverhältnis an. Viele AO-Psychologinnen und -Psychologen sind selbständig erwerbstätig. Mir ist derzeit keine Statistik darüber bekannt, welche die eigenen berufsbedingten Belastungen erhoben hätte. Vorstellbar sind für mich unter anderem folgende Faktoren:
Geistige Belastung. Sehr viel Kommunikation, Koordination und Analyse verschiedenster Informationen. Im Kontakt mit einer breiten Zielgruppe von jungen Erwachsenen (z. B. Lehrlinge) bis hin zu sehr berufs- und lebenserfahrenen Top-Managerinnen und-Managern ist das „Umschalten“ des Anspruchsniveaus wichtig.
Emotionale Belastung. Der Umgang mit teils sehr schwierigen Themenstellungen wie Tod, Trauer, Konflikt, Verlust und mehr können zur Tagesordnung dazugehören, je nach Betätigungsfeld.
Hohes Veränderungspotential. Unvollständige Informationen, diverse Interessen von Beteiligten und Unbeteiligten, unsichere Ausgangssituationen bei gleichzeitig hohem Veränderungsdruck oder schnell gewünschten Ergebnissen. Diese Umstände können in manchen Fällen auch zu eigenen Unsicherheiten führen.
Webseite: www.workplacehealth.at
Daniel Ott-Meissl auf LinkedIn
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