Negatives Feedback geben und annehmen: Die Wissenschaft in der Praxis

Unwissenheit ist kein Segen. Denn die Weitergabe von Informationen ist im Arbeitskontext essenziell. Mit der Zurückhaltung relevanter Infos läuft man sogar Gefahr, die Produktivität, die Arbeitsleistung sowie die Motivation der Mitarbeitenden zu verringern. Die Kommunikation in einem Unternehmen sollte daher von hierarchie- und funktionsübergreifendem Feedback geprägt sein. Außerdem sollte das Feedback regelmäßig und in gegenseitigem Vertrauen erfolgen. Aber was tun, wenn es mal negative Rückmeldungen gibt? Wie vermittelt man negatives Feedback, ohne die Beziehung zu Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzten zu gefährden?

Feedback unterstützt Lern- und Entwicklungsprozesse, denn als Katalysator dient es dazu, Reaktionen auszulösen, das eigene Verhalten zu reflektieren und dort wo nötig und sinnvoll, auch Verhaltensveränderungen anzugehen. In dieser Betrachtungsweise ist Feedback eine Rückkopplungsschleife, die uns dabei hilft, die Resultate unseres Handelns aus der Sicht eines anderen zu betrachten.

Negatives Feedback geben und annehmen

Feedback beruht auf der klassischen Annahme, dass Wissen, Feedbackempfängerinnen und -empfänger darin unterstützt, das eigene Handeln zu verbessern. Eine sehr sachlich-analytische Perspektive.

In der Praxis führt Feedback auf der menschlichen Ebene jedoch häufig zu Widerstand, rückwärtsgewandten Erklärungen und Rechtfertigungen. Eine erste Hürde liegt daher darin, aus kritischen Rückmeldungen überhaupt eine Lernmöglichkeit beim Feedbackempfangenden zu generieren, die im Anschluss daran Veränderungsimpulse anstößt.

Reaktionen auf negatives Feedback – das SARA-Modell

In der Praxis zeigt sich, dass insbesondere negatives Feedback aus dem eigenen Arbeitsumfeld viele Vorgesetzte belastet und in eine Achterbahnfahrt der Gefühle wirft.

Die Bandbreite der Emotionen und Phasen, die als Reaktion auf negatives Feedback auftreten, gleichen dabei der Reaktion auf die Emotion „Trauer“. Die Basis für diese Annahme bietet dabei das Vierphasenmodell der Trauer von Elisabeth Kübler-Ross (1969) bzw. Yorick Spiegel (1972).

Die Reaktionsphasen erfolgen dabei als Antwort auf schwerwiegende Veränderungen in unserem Leben und ihr Ablauf ist in vier Phasen unterteilt, die universell in unterschiedlichsten Kontexten auftreten – unter anderem auch im Falle von negativem Feedback!

Die 4 typische Reaktionen auf negatives Feedback

Im Fachjargon werden die vier Reaktionen auf negatives Feedback als SARA-Modell (aus dem US-amerikanischen) bezeichnet, wobei das englische Akronym für die Phasen „Shock, Anger, Resistance und Acceptance“ steht.

1. Shock

Die erste Reaktion auf negatives Feedback ist häufig Schock und Verneinung. Typische Reaktionen in dieser Phase sind beispielsweise: „Das kann doch nicht sein.“ Oder: „Das ist sicher ein Rechenfehler im Bericht!“

2. Anger

Weil die Bedeutung und Auswirkung der Rückmeldung in der zweiten Phase zunehmend verarbeitet wird, kann der Schock über negatives Feedback schnell in Wut umschlagen. „Meine Mitarbeitenden sind undankbar!“ Oder: „Diese Befragung ist Blödsinn – der Fragebogen hat überhaupt nicht zu meiner derzeitigen Führungssituation gepasst.“

3. Resistance

In der dritten Phase wird die Wut durch Widerstand abgelöst, der aus dem Unwillen oder der Angst vor Veränderung resultiert. Schließlich ist Veränderung häufig unangenehm und fast immer aufwendig. Vermehrt hört man nun Aussagen wie: „Ich werde mich auf meine alten Tage sicher nicht mehr verbiegen!“ Oder: „Die müssen sich einfach damit abfinden: Ich bin halt so wie ich bin“.

4. Acceptance

Die emotionale Achterbahnfahrt endet mit dem Gefühl der Akzeptanz und einer realistischen Einschätzung des Wahrheitsgehaltes des negativen Feedbacks. Infolgedessen werden Wortmeldungen wie: „Ich habe sicher auch zu dem Problem beigetragen.“ Oder: „Am Ende des Tages haben wir ja alle etwas von einer positiven Veränderung“ getätigt.

Das Sara Modell: Reaktionen auf negatives Feedback

Negatives Feedback geben: Die Grundregeln

Um negatives Feedback für beide Seiten gewinnbringend zu vermitteln, muss man Feedback als Chance verstehen. Wie man im SARA-Modell jedoch sieht, erfolgt eine konstruktive Reflexion sowie ein produktiver Umgang mit negativem Feedback erst in der vierten und letzten Phase – bei der Akzeptanz.

Geschäftsführungen, Personalabteilungen und insbesondere Begleiterinnen und Begleiter von Befragungsprojekten sollten sich dieser Phasen bewusst sein, um Führungskräften adäquate Unterstützung zum richtigen Zeitpunkt zu geben.  

1. Betonen Sie nicht nur Lernfelder, sondern auch Stärken

Die meisten Führungskräfte sind sich ihrer Schwächen sehr wohl bewusst. Es geht jedoch darum, die Realität ausgewogen und nuanciert darzustellen. Schließlich sind wir es seit frühester Kindheit gewohnt, dass falsches Verhalten ausgesprochen und bewertet wird, während richtiges Verhalten und Lob oft unerwähnt bleibt. In Schularbeiten werden Fehler rot angestrichen. Richtige Lösungen werden nie in grün markiert. Auch heutzutage neigen wir dazu, negativen Feedback-Ergebnissen oft mehr Gewicht zu geben als positiven Ergebnissen.

Die Lösung? Durch die klassische Sandwich-Methode (negatives Feedback wird eingebettet in zwei positive Rückmeldungen) kann man den anfänglichen Widerstand schneller aushebeln und ermöglicht so einen offenen, raschen und lösungsorientierten Umgang mit dem Feedback.

2. Legen Sie den Fokus auf die Zukunft

Laut der klassischen „3W-Feedback-Regel“ sollte eine Rückmeldung aus den Komponenten „Wahrnehmung“, „Wirkung“ und „Wunsch“ bestehen. Liegt der Fokus des negativen Feedbacks darauf, wie andere Personen das Verhalten der Feedbackempfangenden wahrgenommen oder welche Auswirkungen sie beobachtet haben, bleibt man beim Ist-Zustand und damit in der Vergangenheit. Da Feedback immer rückwärtsgewandt ist, spricht man hier genau genommen über bereits verschüttete Milch.

Aber gerade der in die Zukunft gerichtete Wunsch, das dritte „W“, ist entscheidend. Warum sprechen wir dann nicht von mal von FeedFORWARD anstatt von FeedBACK? Die Feedforward-Methode nach Marshall Goldsmith erfreut sich in der Praxis schließlich immer mehr Beliebtheit. Die Grundannahme: Feedback wirkt sich erst dann positiv aus, wenn es auf die Zukunft und demnach auch auf konkrete Ziele ausgerichtet ist.

Statt also vergangenheitsorientiertes Feedback zu geben, sollen konkrete Veränderungsmöglichkeiten für die Zukunft vermittelt werden. Die folgenden Fragestellungen sind daher entscheidend: „Wie müssten sich die Feedbackempfangenden verhalten, um in Zukunft in einer bestimmten Situation besser zu agieren?“, „Welche Veränderungsmöglichkeiten gibt es?“, „Und was bräuchten die Feedbackempfangenden, um dort hinzukommen?“

Aus negativem Feedback lernen

Feedback unterstützt die organisationale Entwicklung – negatives Feedback inbegriffen. Der Umgang mit negativer Rückmeldung will jedoch besonders gelernt sein, um Führungskräfte wirkungsvoll aus dem anfänglichen Schock in die Phase der Akzeptanz zu begleiten. Mit der Betonung von Stärken und einem gezielten Blick in die Zukunft wird negatives Feedback zum Katalysator für Veränderung.

Lösungsorientierung wird beim negativen Feedback außerdem großgeschrieben. Sie hilft, Feedback mit Fokus auf der Inhaltsebene zu verarbeiten, anstatt es allein auf der Beziehungsebene zu verinnerlichen und stärkt zudem das Wir-Gefühl im Team.

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