In einer Welt des ständigen Wandels wird Resilienz zum Schlüssel des unternehmerischen Erfolgs, denn die Fähigkeit, sich flexibel an Veränderungen anzupassen und gestärkt aus Krisen hervorzugehen, ist wichtiger denn je. In diesem Blogbeitrag beschreiben wir die psychologischen Grundsätze der Resilienz und wie Widerstandsfähigkeit auf organisationaler Ebene gefördert werden kann.
Resilienz oder auch Widerstandskraft, Anpassungsfähigkeit bzw. Belastbarkeit. Diese Begriffe werden seit einigen Jahren intensiv diskutiert. Der neugewonnene Fokus auf Resilienz und die damit einhergehende gesellschaftliche Diskussion weisen dabei mitunter auf einen Wandel in unserer Arbeitswelt hin. Denn diese birgt in Verbindung mit der Digitalisierung sowie Flexibilisierung neben vielen positiven Entwicklungen auch neue Herausforderungen, wie den Fachkräftemangel, digitalen Stress und viele weitere potenzielle Belastungsfaktoren. Infolgedessen müssen sich sowohl Mitarbeitende als auch ganze Unternehmen als resilient erweisen, um dauerhaft gesund zu bleiben und weiterhin leistungsfähig operieren zu können.
Die 4 Prinzipien der Resilienz
Ursprünglich aus der Physik stammend und aus dem lateinischen Wort „resilire“ abgeleitet, steht Resilienz ganz allgemein für die Anpassungsfähigkeit an Veränderungen. In den letzten Jahrzehnten hat sich der Begriff vor allem in der Psychologie und ihrer praktischen Forschung weitgehend durchgesetzt. So legte die angewandte Wissenschaft einen seiner Schwerpunkte darauf, wie Menschen trotz Krisen, schweren Lebensumständen oder belastenden Veränderungen gesund bleiben können. Aufbauend auf wichtigen Arbeiten von u.a. Jack Block (er untersuchte Resilienz bei Kleinkindern in den 50er-Jahren) oder Emmy Werner (sie beobachtete ab 1955 den Werdegang einer Kohorte aus schwierigen Verhältnissen) entstanden einige psychologische Definitionen sowie infolgedessen auch Modelle der Resilienz.
Aus der bisherigen Forschung gehen die folgenden essenziellen Grundsätze der Resilienz hervor…
1. Prinzip: Resilienz geht mit einer bestimmten Haltung bzw. mit bestimmten Eigenschaften einer Person einher
Ein sehr etabliertes Modell von Ursula Nuber (1999) beschreibt die sieben Säulen der Resilienz, die eine positive Anpassung oder Bewältigung unterstützen:
- Optimismus
- Akzeptanz
- Lösungsorientierung
- Opferrolle verlassen
- Verantwortung übernehmen
- Netzwerkorientierung
- Zukunftsplanung
2. Prinzip: Resilienz kann durch äußere Faktoren beeinflusst werden
Auch Umweltfaktoren (wie bspw. die aktuelle Lebenssituation) beeinflussen, inwiefern Krisen positiv bewältigt werden können. Besonders die Existenz eines unterstützenden sozialen Netzwerks wird in zahlreichen Studien als starker Schutzfaktor angeführt.
3. Prinzip: Resilienz ist dynamisch und veränderbar
Die Fähigkeit zur Resilienz ist kontextabhängig und kann je nach Erfahrung mit bestimmten Situationen variieren. Außerdem können Personen die eigene Bewältigungskompetenz bewusst trainieren und fördern.
4. Prinzip: Resiliente Menschen sind gesünder und glücklicher
Resilienz wird oft als „Weg“ zu Gesundheit und Wohlbefinden beschrieben. Denn je resilienter Personen sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie negative Lebensereignisse positiv bewältigen, „keinen Schaden nehmen“ und neue Bewältigungs- bzw. Gesundheitskompetenzen erwerben.
Zusammengefasst kann Resilienz also als dynamischer Prozess betrachtet werden, der von vielen externalen und internalen Faktoren beeinflusst wird und einen positiven Effekt auf Gesundheit und Wohlbefinden hat. Resilienz ist außerdem trainierbar. Zusätzlich zu diesen allgemeinen Grundsätzen der Resilienzforschung stößt auch die organisationale Resilienz auf aufschlussreiche Erkenntnisse.
Fokus: Resilienz in Unternehmen
Stress und psychologische Belastungen nehmen sowohl in unserer Gesellschaft als auch im Arbeitskontext zu, wodurch das Training von individueller Resilienz immer wichtiger wird. Unvorhersehbare Krisen und rapide Veränderungen der Arbeitswelt sorgen zusätzlich dafür, dass sich auch Unternehmen bzw. Arbeitgeber zunehmend mit dem Thema Resilienz befassen. Bereits 2017 definiert die Internationale Organisation für Standardisierung (ISO) in der ISO-Norm 22316 organisationale Resilienz als „Fähigkeit einer Organisation, trotz Veränderungen im organisationalen Umfeld, zu ‚überleben‘, sich an diese anzupassen und weiter zu wachsen“.
Die Corona-Krise 2019 ist ein passendes Beispiel dafür, wie gut Organisationen ihre Fähigkeit zur Resilienz unter Beweis stellen konnten, da es viele Herausforderungen zu meistern galt: Veränderungen ganzer Arbeitsprozesse; die Umstellung auf Homeoffice, virtuelle Zusammenarbeit und Führung; Kurzarbeit, Personalabbau etc. Zusätzlich zu einschlägigen Krisen beeinflussen u.a. auch Veränderungen wie die Digitalisierung und New Work, der Fachkräftemangel oder der Einsatz von KI Mitarbeitende und Organisationen.
Infolgedessen wird deutlich, dass die Belastbarkeit von Organisationen und Mitarbeitenden immer relevanter wird, um den zahlreichen Veränderungen der Arbeitswelt zu begegnen. Doch was macht resiliente Organisationen aus und wie kann die organisationale Resilienz gestärkt werden?
In 6 Schritten zu mehr Resilienz im Unternehmen
Genauso wie bei der individuellen Resilienz sind auch die Theorien und Modelle zur organisationalen Resilienz vielfältig und fungieren auf Basis unterschiedlicher Schwerpunktsetzung. So definiert die ISO-Norm 22316 allgemeine Handlungsempfehlungen zur organisationalen Resilienz, während die Psychologen Philipsen und Ziemer Resilienz auf drei Ebenen (Mitarbeitende, Führungskräfte und Organisation) untersuchen. Die Autorin und Arbeitspsychologin Rolfe (2019) führt wiederum die Team-Resilienz als zusätzliche Forschungsebene an.
Je nach Branche, Unternehmenskultur, Unternehmensgröße etc. stehen Unternehmen vor der Herausforderung, einen für sich passenden „Weg zur Resilienz“ zu finden. Um die praktische Umsetzung der Maßnahmen anzugehen, sollten einige wichtige Aspekte aus Theorie und (unserer erlebten) Praxis beachtet werden.
Diese 5 Schritte, helfen bei der Stärkung von Resilienz in Ihrem Unternehmen.
1. Schritt: Setzen Sie klare Werte und Ziele für Ihr Unternehmen
Viele Unternehmen haben ihre Werte und Ziele bereits klar definiert und festgehalten. Dennoch zeigt sich in vielen unserer Befragungen, dass nicht alle Mitarbeitenden diese Werte und Ziele auch kennen oder sich gar mit diesen identifizieren. Ein regelmäßiges, gemeinsames Reflektieren – und wenn notwendig auch Anpassen der Unternehmensvision – fördert nicht nur den Dialog, sondern stärkt auch die Bindung zum Unternehmen. Wenn das „Warum“, die Vision und das Ziel klar sind und Mitarbeitende sich damit verbunden fühlen, können Veränderungen von Strukturen oder Arbeitsbedingungen besser nachvollzogen und bewältigt werden.
2. Schritt: Kommunizieren Sie transparent – auch in schwierigen Zeiten
Besonders in herausfordernden Zeiten kann die Art der Kommunikation ausschlaggebend dafür sein, wie groß das Vertrauen der Mitarbeitenden in die Unternehmensführung ist. Fehlende Informationen in Situationen, wo der Flurfunk bereits begonnen hat, und erste Gerüchte sowie Unsicherheiten auftreten, können belastender sein als die „Wahrheit“. Sorgen Sie daher dafür, dass Veränderungen oder Entscheidungen so zeitnah, klar und nachvollziehbar wie möglich an die Belegschaft kommuniziert werden. Dies hat vor allem den Effekt, dass nach einer Krise oder Veränderung Vertrauen und Bindung der Mitarbeitenden erhalten bleiben. Darüber hinaus kann vor allem das Einbeziehen von Mitarbeitenden in die praktische Umsetzung von Veränderungsprozessen besonders vertrauensstärkend wirken.
3. Schritt: Sensibilisieren Sie zu Resilienz und psychischer Gesundheit
Auch wenn in unserer Gesellschaft noch nicht von allen gelebt, so ist klar, dass jeder Mensch Kompetenzen im Umgang mit der eigenen Gesundheit und Mental Health erwerben sollte. Auch die Arbeit, die einen großen Teil unserer Lebenszeit umfasst, beherbergt viele Risikofaktoren. Um Mitarbeitende „krisenfest“ zu machen, kann auch der Arbeitgeber mit Schulungen, Seminaren und Trainings einen Teil zum Resilienz-Training beitragen. Wenn Mitarbeitende ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass Veränderungen (egal ob unvorhergesehen oder bewusst herbeigeführt) in einer dynamischen Arbeitswelt notwendig sind, sind sie auch offener dafür, eigene Kompetenzen zu erwerben.
4. Schritt: Befähigen Sie Ihre Mitarbeitenden und stärken Sie ihre Eigenverantwortung
Veränderungen – selbst positiv gemeinte – sind belastend und benötigen Unterstützung sowie eine aktive Auseinandersetzung. Sollten Veränderungen in Ihrem Unternehmen stattfinden, sorgen Sie neben einer zeitgerechten Information auch für die notwendigen Rahmenbedingungen z.B. geplante Schulungen, wenn sich Prozesse/Tools/Aufgabenbereiche ändern oder ausreichend Austauschmöglichkeiten, wenn sich Teamstrukturen verändern oder gar ein Personalabbau ansteht. Neben Unterstützungsangeboten ist aber auch das Appellieren an die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden ein wichtiges Kriterium: Das Annehmen und Umsetzen von Unterstützungsangeboten fällt leichter, wenn zuvor eine offene und ehrliche Kommunikation stattgefunden hat.
5. Schritt: Stellen Sie Führungskräften die notwendigen Ressourcen bereit
Führungskräfte sind in jedem Veränderungsprozess wichtige Erfolgsträgerinnen und Erfolgsträger. Diese vorab zu informieren und mit Ressourcen zu versorgen ist wichtig, damit sie Veränderungen oder getroffene Entscheidungen gut vertreten können. Außerdem haben sie eine wichtige Vorbildfunktion im Umgang mit Krisen oder Veränderungen. Daher ist ein gutes Führungskräftetraining zu den Themen Stressbewältigung, Kommunikation usw. unerlässlich, um Resilienz im Unternehmen zu fördern.
6. Schritt: Bleiben Sie im kontinuierlichen Dialog mit Ihrer Belegschaft – hören Sie zu
Die Wahrnehmung von Arbeitgebern, Unternehmensleitungen, Führungskräften und Mitarbeitenden ist nicht immer gleich – das zeigen viele unserer Befragungen. Diese unterschiedlichen Perspektiven, Expertisen und Stärken gilt es zu nutzen. Das Etablieren einer guten Feedbackkultur – durch regelmäßige Mitarbeitergespräche, aber auch Mitarbeiterbefragungen – bietet Möglichkeiten, um aktuelle Stimmungsbilder einzufangen, Mitarbeiterbindung sowie Arbeitgeberattraktivität zu erfassen und aktuelle oder vergangene Veränderungsprozesse zu evaluieren. Nur der regelmäßige Austausch mit der Belegschaft kann ein ganzheitliches Bild von der Resilienz der eigenen Organisation zeichnen.
Mitarbeiterfeedback als wichtige Grundlage organisationaler Resilienz
Organisationale Resilienz ist von vielen Faktoren abhängig und kann durch das Schaffen resilienzfördernder Strukturen und Rahmenbedingungen, aber auch durch das Training der individuellen Resilienz von Mitarbeitenden und Führungskräften gefördert werden. Um einen aktuellen Ist-Stand, aber auch wichtige Perspektiven und Bedarfe von Führungskräften und Mitarbeitenden zu erheben, ist laufendes Feedback eine wichtige Grundlage.
Als Expertinnen für Mitarbeiterbefragungen begleiten wir Sie gerne vor, während oder nach einem Veränderungsprozess. Kontaktieren Sie uns gerne, um zu erfahren, wie Ihre Mitarbeiterbefragung mit vieconsult aussehen könnte!
Quellen und Literaturtipps
- International Organization for Standardization (2017) Security and resilience — Organizational resilience — Principles and attributes 03.100.01(22316:2017).
- Nuber, U. (1999). Das Konzept „Resilienz”: So meistern Sie jede Krise. Psychologie heute, 5(20), 20.
- Philipsen, G. & Ziemer, F. (2014). Mit Resilienz zu nachhaltigem Unternehmenserfolg. Wirtschaftsinformatik & Management, 2, S. 68-76.
- Rolfe, M. (2019). Positive Psychologie und organisationale Resilienz. Springer Berlin Heidelberg.
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