Burnout am Arbeitsplatz: Das sollten Sie (als Arbeitgeber) wissen

Obwohl mentale Gesundheit auch in Unternehmen zunehmend diskutiert wird, lässt chronischer Stress am Arbeitsplatz nicht nach und immer mehr Menschen berichten vom Gefühl des Ausgebrannt-Seins. In der Tat weisen aktuelle Studien darauf hin, dass die gegenwärtigen Arbeitsweisen mit vielfältigen psychischen Belastungen einhergehen. Das Burnout-Risiko steigt – mit langfristig negativen Auswirkungen auf Mensch und Unternehmen. Wir erklären, was man als Arbeitgeber über arbeitsbedingte Erschöpfung und Burnout wissen sollte, wie man Gefahren richtig einschätzt und geben Tipps mit Beispielen, wie man das Burnout-Risiko am Arbeitsplatz senken kann.

Spätestens durch die erstmalige Definition von Burnout in der „Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD)“ im Jahr 2019 zeigt sich, dass psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ein ernstzunehmendes Thema ist. Dabei definiert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Burnout zwar (noch) nicht als eigenständige psychische Erkrankung, jedoch als ernstzunehmenden Risikofaktor für die menschliche Gesundheit. Bemerkenswert an der Klassifikation ist mitunter die Verortung des Burnout-Risikos: Als Auslöser für Burnout wird ausschließlich beruflicher, chronischer Stress angeführt – der Ursprung liegt also im Arbeitsplatz.

Die Früherkennung von Burnout ist aufgrund der hohen Risiken für Betroffene und Arbeitgeber wichtig.

Burnout kostet – nicht nur die Gesundheit

Zeitdruck, Arbeitspensum und hohe Verantwortung im Job stressen – und begünstigen somit Burnout. Laut einer Studie des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) aus dem Jahr 2017 befanden sich bereits 19% der Befragten in einem Problemstadium und 17% in einem Übergangsstadium zum Burnout – weitere 8% gaben an, an Burnout erkrankt zu sein.

Wird Burnout nicht rechtzeitig erkannt oder erfolgreich behandelt, können schwerwiegende körperliche oder psychische Erkrankungen folgen. Aber nicht nur für Betroffene ist Burnout sehr kostspielig. Auch Unternehmen haben hohe Kosten zu tragen, wenn Mitarbeitende an Burnout erkranken. Laut des Fehlzeitreports der österreichischen Versicherung waren im Jahr 2020 10,7% der Krankenstandstage psychisch bedingt. Die Dauer des psychisch bedingten Krankenstandes betrug bei 39% der weiblichen und 40% der männlichen Angestellten mehr als 14 Tage.

Neben den Kosten für den Krankenstand sind weitere Einbußen im Betrieb zu tragen. Nicht selten führt der langfristige Ausfall einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters zu Mehrarbeit und Überlastung weiterer Mitarbeitenden. Hinzu kommen nicht berechenbare Kosten, die bereits im Vorfeld eintreten können, wie z. B. ein vermindertes Leistungsniveau der Betroffenen, erhöhte Fehlerhäufigkeit sowie negative Auswirkungen auf die Zusammenarbeit im Team und die Gestaltung des Kundenkontakts.

Was ist Burnout?

Bereits im Jahr 1974 definierte Herbert Freudenberger Burnout als „Zustand totaler psychischer und physischer Erschöpfung“. Von ihm stammt auch das 12-Stufen-Modell, das den Verlauf des Burnout-Syndroms in 12 unterschiedliche Stadien aufteilt, und zur Früherkennung von Burnout herangezogen werden kann. Nach Freudenbergers Modell beginnt Burnout mit einem erhöhten Engagement, Perfektionismus und dem Vernachlässigen eigener Bedürfnisse und kann voranschreiten, indem u.a. Verleugnung, Rückzug und vollkommene Erschöpfung eintreten.

Der steigende Fokus auf Mental Health bringt weitere wissenschaftliche Definitionen, Studien und Erklärungsmodelle zu Burnout mit sich. Die WHO definiert Burnout angelehnt an die Definition von Freudenberger als „chronischen Stress am Arbeitsplatz, der nicht positiv bewältigt wird“ und unterscheidet drei Burnout-Ausprägungen:

  • Erschöpfung
  • Negative Haltung dem eigenen Job gegenüber
  • Verringerte berufliche Leistungsfähigkeit

Wie erkennt man Burnout am Arbeitsplatz?

Burnout verläuft in unterschiedlichen Stadien und kann sich bei jeder Person unterschiedlich auswirken. Um Risikofaktoren und mögliche Anzeichen bei sich und anderen zu erkennen, braucht es vor allem Aufmerksamkeit und Austausch.

Die folgende Auflistung der Symptome und Risikofaktoren dient zur Sensibilisierung und soll helfen, einen Überblick zu wichtigen Aspekten der Burnout-Prävention zu erhalten. Wichtig: Nicht alle folgend dargelegten Aspekte müssen automatisch zu einem Burnout am Arbeitsplatz führen oder sind ausschließlich auf ein Burnout zurückzuführen.

Persönlichkeitszüge von Mitarbeitenden, die ein Burnout begünstigen

Ein Burnout entsteht nicht von heute auf morgen, sondern verläuft über einen längeren Zeitraum durch das Zusammenspiel chronischer Arbeitsüberlastung und fehlender Erholungsmöglichkeiten. Dass dieses Zusammenspiel lange genug aufrechterhalten wird, kann u.a. durch bestimmte Persönlichkeitszüge begünstigt werden. Mitarbeitende mit einem erhöhten Engagement, einem starken Perfektionsdrang und hohem Harmoniebedürfnis sind besonders gefährdet. Personen mit solchen Eigenschaften neigen dazu, bei hohem Arbeitspensum mehr Arbeit als andere auf ihre Schultern zu lagern und sich ohne Rücksicht auf eigene Grenzen den wachsenden Arbeitsanforderungen anzupassen. Die Leistungsgrenze dieser Personen wird von ihnen selbst und von anderen oft höher eingeschätzt, als sie tatsächlich ist.

Tipp für Arbeitgeber und Führungskräfte:

Achten Sie darauf, wer in Ihrem Team zum Perfektionismus tendiert, wer sehr schnell die Verantwortung und Kontrolle bei neuen Herausforderungen übernimmt, wer sich in Zusammenarbeit besonders engagiert oder nie Aufgaben an andere delegiert. Hinterfragen Sie, inwiefern diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgelastet sind und ob sie sich nicht überfordern.

 

Verhalten am Arbeitsplatz, das auf Burnout hinweist

Burnout wird durch Überengagement und erhöhte Leistungsorientierung begünstigt, geht aber im späteren Verlauf mit verringerter Leistungsfähigkeit einher. Häufige Überstunden, ständige Erreichbarkeit, Mails außerhalb der Arbeitszeit, nicht eingetragene Pausen oder nicht-konsumierter Urlaub sind Hinweise auf das Vernachlässigen der eigenen Gesundheit. Wird über Monate oder Jahre so gearbeitet, kann dies in der totalen Erschöpfung enden. Vorher ist meist der deutliche Leistungsabfall sichtbar: Vermehrte Fehler, Zuspätkommen, Fehlzeiten, Unzuverlässigkeit, aber auch Rückzugsverhalten, wie vermehrtes Homeoffice oder das Fernbleiben von formellen/informellen Veranstaltungen, können Warnzeichen sein. Werden diese Verhaltensweisen an zuvor besonders engagierten und leistungsorientierten Mitarbeitenden beobachtet, ist es noch wichtiger, diese darauf anzusprechen.

Tipp für Arbeitgeber und Führungskräfte:

Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Der Hinweis auf Fehler oder beobachtetes Desinteresse kann die negative Haltung gegenüber dem Job und Druck verstärken. Im Gespräch sollte der Fokus daher auf Lösungen und mögliche Ressourcen zur Unterstützung gelegt sowie die Wichtigkeit der Gesundheit betont werden – denn diese leidet.

 

Symptome von Burnout

Betroffene von Burnout weisen oft – je nach Stadium – individuelle Symptome auf. Manche davon – wie Unkonzentriertheit, Müdigkeit, Gereiztheit – sind in der direkten Interaktion oder in der Qualität der Arbeit sichtbar. Oft gehen mit dem Burnout-Syndrom aber auch körperliche bzw. psychosomatische Beschwerden einher: Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Schwindel, Verspannungen, Schlafstörungen usw.

Tipp für Arbeitgeber und Führungskräfte:

Thematisieren Sie die Gesundheit in Mitarbeitergesprächen, schaffen Sie Gesundheitsangebote oder ermöglichen Sie allgemeinen Austausch unter Mitarbeitenden, um eine Vertrauenskultur zu schaffen und den Stellenwert der Gesundheit anzuheben. Durch aufmerksames Zuhören oder sensibles Nachfragen können erste Warnsignale von Burnout frühzeitig erkannt werden.  

 

Risikofaktoren der Arbeit, die ein Burnout begünstigen

Die WHO betont beim Burnout-Syndrom den ausschließlichen Einfluss von arbeitsbedingtem Stress. In der Forschung wurden bereits viele Faktoren identifiziert, die das Risiko von Burnout am Arbeitsplatz erhöhen können. In einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2018) wurde eine erhöhte Arbeitsmenge als Hauptrisikofaktor identifiziert. Auch die Arbeiten von Christine Maslach, US-amerikanische Psychologin, sind sehr prägend für die Burnout-Forschung. Sie beschreibt, dass v.a. Determinanten wie fehlende Anerkennung und Wertschätzung, schlechtes Arbeitsklima, fehlende Kontrolle, mangelnde Fairness, unklare Arbeitsprozesse uvm. Burnout begünstigen können. Auch die Digitalisierung am Arbeitsplatz sowie Homeoffice und New Work bieten neuen Nährboden für mögliche Risikofaktoren.

All dies sind Rahmenbedingungen, die der Arbeitgeber positiv beeinflussen kann – mit hoher Wirksamkeit. Übrigens: Eine Längsschnitt-Studie zur mentalen Gesundheit bei der Arbeit (S-MGA) (2011/2017) zeigt, dass positiv veränderte Arbeitsbedingungen mit einer Senkung des Burnout-Scores bei den Mitarbeitenden einhergeht.

Tipp für Arbeitgeber und Führungskräfte:

Arbeitsbedingungen verändern sich laufend, weshalb auch eine laufende Kontrolle und Optimierung dieser notwendig ist. Effiziente Arbeitsprozesse, klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, wertschätzende Führung und das Gewähren von Handlungs- und Entscheidungsspielraum sind wichtige Grundbedingungen für gesunde Arbeitsplätze. Dennoch ist es wichtig, die Umsetzung dieser Aspekte im regelmäßigen Austausch mit den Mitarbeitenden zu hinterfragen und anzupassen.

 

Burnout am Arbeitsplatz: Was ist meine Verantwortung als Arbeitgeber?

Laut Arbeitnehmerschutzgesetz darf Arbeit nicht krank machen – weder körperlich noch psychisch. Der Arbeitgeber hat daher die gesetzliche Pflicht, die Rahmenbedingungen der Arbeit menschengerecht zu gestalten und die Gesundheit seiner Mitarbeitenden zu schützen. Somit liegen auch die arbeitsbedingten Burnout-Risikofaktoren in der Verantwortung des Arbeitgebers. Diesen Risikofaktoren am Arbeitsplatz gilt es im Rahmen der gesetzlich verpflichtenden Evaluierung psychischer Belastungen mit wirksamen Maßnahmen entgegenzuwirken.

Über die ASchG-Pflicht hinaus kann der Arbeitgeber mit breitem Unterstützungsangebot die psychische Gesundheit, aber auch die Zufriedenheit und das Vertrauen der Mitarbeitenden stärken. Zur effektiven Burnout-Prävention zählen Fortbildungen für Führungskräfte, Supervision durch (externe) Psychologinnen und Psychologen sowie Austauschformate und Programme mit dem Fokus auf Mental Health und Work-Life Balance. Letztlich schafft offener Umgang mit dem Thema „psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“ Vertrauen und sensibilisiert Mitarbeitende in ihrer Eigenverantwortung. Auch der Wiedereinstieg nach einem Burnout gelingt leichter, wenn Arbeitgeber den Betroffenen flexible Arbeitszeitmodelle und individuelle Vereinbarungen anbieten.

Die wichtigste Basis für all diese Angebote bieten jedoch sichere und gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen – und diese gilt es zu prüfen!

Die Nr.1 bei der Burnout-Prävention: Evaluierung psychischer Belastungen

Immer mehr Mitarbeitende und Führungskräfte sind vom Ausgebrannt-Sein betroffen. Burnout entsteht durch ein komplexes Zusammenspiel aus negativen Arbeitsbelastungen, chronischem Stress und fehlenden Bewältigungsmechanismen. Um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden zu sichern, ist eine Ist-Stand-Analyse die wichtigste Grundlage. Dank der Arbeitsplatzevaluierung können gezielte Interventionen zur Burnout-Prävention in Unternehmen konzipiert und planvoll umgesetzt werden.

Best Practice: Kombinieren Sie die Evaluierung psychischer Belastungen mit einer klassischen Mitarbeiterbefragung und schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe. Während die Evaluierung eine Analyse der Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren abbildet, können die Auswirkungen auf Gesundheit, Arbeitszufriedenheit und Commitment durch die Mitarbeiterbefragung abgebildet werden. Wir beraten Sie gerne!

 

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