Die gesetzliche Verpflichtung zur Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz (ASchG) betrifft alle Unternehmen: egal ob groß oder klein. Sie wird allerdings sehr häufig auf die reine Messung reduziert. Wir zeigen daher, welche Potenziale die ASchG-Evaluierung mitbringt und wie Sie diese in der Organisationsentwicklung nutzen können!
Seit einer Novellierung des ASchG ist die Evaluierung psychischer Belastungen gesetzlich vorgeschrieben – für alle österreichischen Unternehmen.
Für Kleinbetriebe ist die Evaluierung meist Neuland. Großbetriebe mit umfassenden Maßnahmenkatalogen und professionellen Strukturen hingegen sehen die Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz oft als lästige gesetzliche Verpflichtung (ähnlich wie eine Arbeitsinspektion). Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Themengebiete der Evaluierung bereits von bestehenden Initiativen der Organisationsentwicklung abgedeckt wurden. Zum Beispiel durch eine regelmäßige Mitarbeiterbefragung oder Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Für viele Großunternehmen stellt sich daher die Frage, ob und wie sich der Evaluierungsprozess in bestehende Prozesse der Organisationsentwicklung integrieren lässt.
Ist die Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz Pflicht oder Kür?
Organisationsentwicklung und die Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz
Moderne und systematische Organisationsentwicklung folgt Regeln, aber sind diese Regeln auch auf die gesetzlich verpflichtende Evaluierung psychischer Belastungen anwendbar?
Die 5 klassischen Regeln der Organisationsentwicklung
- Der Fokus liegt auf der frühzeitigen und breiten Partizipation der Betroffenen im Veränderungsprozess.
- Veränderungsprozesse müssen im Alltag verankert, nicht punktuell oder gelegenheitsbezogen inszeniert werden.
- Eine Veränderung ist ein Lernprozess, keine plötzliche Revolution.
- Im Vordergrund steht die Lösungsorientierung, nicht die Problem- oder Ursachenorientierung.
- Veränderungsprozesse müssen der Komplexität einer Organisation entsprechen.
Die 3 wichtigsten Ziele der Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz
Aus diesem Blickwinkel entspricht der gesetzlich ausformulierte Evaluierungsprozess grundlegend den Maßnahmen einer Organisationsentwicklung und fordert klare Ziele:
1. Die Evaluierung soll flächendeckende Partizipation der Beschäftigten ermöglichen.
2. Nach der Evaluierung sollen lösungsorientierte Maßnahmen erarbeitet werden.
3. Die Maßnahmen sollen zu kollektiv wirksamen Veränderungen führen.
Diese Forderungen gehen über eine reine „Messung“ der Belastungen hinaus und decken sich mit den zuvor genannten Regeln der Organisationsentwicklung. Auch wenn es anderswo kaum Erwähnung findet: Nimmt man die Evaluierung psychischer Belastungen als Arbeitgeber ernst, dann braucht es mehr als eine kurze schriftliche Messung mit nachfolgendem Mini-Workshop. Dann sollte die Evaluierung psychischer Belastungen einen fundamentalen Veränderungsprozess darstellen, der bei der Umsetzung systemisches Fachwissen und Kompetenzen erfordert.
Die Vorteile der Arbeitsplatzevaluierung
Auch wenn die gesetzliche Verpflichtung auf wenig Gegenliebe stößt, so birgt sie doch im Hinblick auf die Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz deutliche Vorteile. Man kann den verpflichtenden Charakter nutzen, um organisationsinternen Veränderungswiderstand von Führungskräften oder Mitarbeitenden zu überwinden oder das Vorhaben zu legitimieren. So schafft man einen klaren Verwertungszusammenhang und verdeutlicht einen „sense of urgency“ in Bezug auf etwaige psychische Belastungen.
Aus diesem Blickwinkel mag die Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz per se zwar gesetzliche Pflicht sein – die qualitativ hochwertige Gestaltung des Prozesses offenbart jedoch zudem ein breites Veränderungspotenzial, das ein Unternehmen langfristig transformieren kann. Warum? Die Evaluierung psychischer Belastungen berührt durch ihren Fokus auf Arbeitsbedingungen so gut wie jeden Interaktions- und Kommunikationsprozess eines Unternehmens.
Gesetzlichen Rückenwind und Arbeitsinspektion nutzen
Unsere Sichtweise ist daher klar: Auch wenn die Arbeitsinspektion eine Verpflichtung darstellt, sollte man die Evaluierung psychischer Belastungen als Kür betrachten. Nicht nur die psychische Gesundheit und die Arbeitsbedingungen evaluieren, sondern gemeinsam das Unternehmen verändern!
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