Diese Fragen können in einer Mitarbeiterumfrage heikel werden

Sie ist längst zum Standard einer erfolgreichen Personalarbeit geworden und sie sollte in keinem Unternehmen fehlen: die Mitarbeiterumfrage. Und obwohl es sich um einen Klassiker handelt, gibt es Themen, die selbst langjährige Befragungsprofis zum Grübeln bringen. In diesem Artikel verbinden wir das Theoretische mit unserer langjährigen Expertise und stellen Fragen vor, die Sie bei der Fragebogenkonstruktion Ihrer nächsten Mitarbeiterumfrage noch einmal hinterfragen sollten.

Anhand der folgenden Beispiele zeigen wir auf, welche Themenschwerpunkte und Fragen in der Mitarbeiterumfrage problematisch sind und die Sie daher überdenken sollten. Mit dem Überdenken meinen wir jedoch nicht, dass Sie diese Themen in Ihrer Mitarbeiterumfrage gar nicht ansprechen sollten. Achten Sie jedoch im Besonderen auf die aufgezeigten Feinheiten bei der Fragenformulierung sowie den Verwendungs- und den Verwertungszweck der Fragestellung.

1. Mitarbeiterumfrage mit Fragen zum Gehalt

Beispiel einer Antwortoption: „Ich fühle mich ausreichend bezahlt.“

Fragen, die auf die Zufriedenheit mit dem Gehalt abzielen, können Meinungen spalten. Manche Unternehmen verwenden derartige Fragestellungen seit vielen Jahren – andere Unternehmen gehen diesen Fragen in der Mitarbeiterumfrage gekonnt aus dem Weg. Warum?

Gehaltsthemen sind häufig mit Unzufriedenheit verbunden, ziehen aber selten nachhaltiges Engagement mit sich.

Wählen Sie für Ihre Mitarbeiterumfrage nur Themenschwerpunkte aus, die sich verändern lassen.

In einer Mitarbeiterumfrage sollte man zunächst nur die Fragen stellen, die auf ein Thema hindeuten, welches auch veränderbar und beeinflussbar ist. Hat ein Unternehmen weder Spielraum noch Interesse – warum nach einem Thema fragen? Unternehmen stehen spätestens dann mit dem Rücken zur Wand, wenn es um die Ergebniskommunikation geht. Man sollte daher pragmatisch denken.

Entscheiden Sie sich bewusst für oder gegen transaktionale Fragen in Ihrer Mitarbeiterumfrage.

Gehaltsfragen verändern den Charakter einer Befragung, denn sie werden meist transaktional formuliert. Sie geben der Mitarbeiterumfrage – im Gegensatz zu transformationellen Fragen, die unter anderem auf Sinn, Autonomie und Erfolgserlebnisse abzielen – automatisch einen transaktionalen Charakter:

„Ich gebe dir das, damit du mir das gibst.“ Das ist per se nicht gut oder schlecht, man sollte sich jedoch darüber bewusst sein.

Erzeugen Sie keine falschen Erwartungen.

Gehaltsfragen erzeugen – häufig auch durch ihre Formulierung – eine Wunsch- und Erwartungshaltung bei den Mitarbeitenden. Und damit gehen niedrige Antworten einher.

Vielleicht kennen Sie die Anekdote, die Rockefeller zugeschrieben wird: Auf die Frage „Wie viel Reichtum ist genug?“ soll er einst „Ein bisschen mehr.“ geantwortet haben. In Benchmarkstudien zeigt sich deutlich, dass die „Zufriedenheit mit dem Gehalt“ häufig mit Antworten korreliert, die sich in einem eher niedrigen Segment bewegen.

Gehen Sie bei der Fragenformulierung vom Status quo Ihres Unternehmens aus.

Wenn die Zufriedenheit mit dem Gehalt in der Organisation mit einer Mitarbeiterumfrage abgefragt werden soll, feilen Sie daran, dass die Formulierung der Fragen auch wirklich zu Ihrem Unternehmen passt. Wir empfehlen für das Thema „Gehalt“ in einer Mitarbeiterbefragung:

  • In Ihrer Mitarbeiterumfrage sollten diese Fragen nicht allein auf das monetäre Entgelt abzielen, sondern das Gesamtpaket an Leistungen
  • Sie sollten Formulierungen bevorzugen, die nicht die „ein bisschen mehr wäre gut“-Einstellung fördern, sondern eher ein realistisches oder relativierendes Element Und so zum Beispiel im Rahmen eines Marktvergleichs stattfinden.

2. Mitarbeiterumfrage mit Fragen zu „Lob“ und anderen top-down Szenarien

Beispiel einer Antwortoption: „Meine Vorgesetzte oder mein Vorgesetzter lobt mich für gute Arbeit.“

Bei der Frage nach dem Lob handelt es sich um ein Standarditem. In aktuellen Diskussionen wird das Wort „Lob“ jedoch meist durch „Anerkennung“ oder „Wertschätzung“ ersetzt.

Verzichten Sie auf hierarchische Bezeichnungen wie „Lob“ in Ihrer Umfrage.

Lob wird meist in zwei Aspekte unterteilt: Da gibt es den einen, der etwas getan hat, und den anderen, der die Bewertungshoheit besitzt und das Lob ausspricht. In den Augen vieler Autorinnen und Autoren ist im Begriff Lob ein hierarchisches Element versteckt, dass sich bei den Begriffen der Anerkennung oder der Wertschätzung nicht finden lässt.

Formulieren Sie Fragen, die die Unternehmenswerte und –kultur widerspiegeln.

Man sollte über eine konkrete Erweiterung solcher Fragen nachdenken: Weg vom reinen „top-down“ Szenario. Führung ist ein Mannschaftssport und daher könnte man in partizipativ-egalitäreren Unternehmenskulturen auch fragen, ob die Kolleginnen und Kollegen untereinander Wertschätzung oder Anerkennung zeigen. Klassische Fragen zur top-down-Führung passen daher nicht immer in flache und agile Strukturen. Durch gezieltes Aufbrechen traditioneller top-down Fragen senden Sie eine andere kulturelle Botschaft in Ihrer Mitarbeiterumfrage.

3. Mitarbeiterumfrage mit Fragen zur Weiterempfehlung von Produkten

Beispiel einer Antwortoption: „Ich empfehle Produkte / Dienstleistungen unseres Unternehmens an Freundinnen und Freunde oder Bekannte.

Fragen nach der Weiterempfehlung von Produkten oder Dienstleistungen werden in Mitarbeiterumfragen öfter eingesetzt. Allerdings sollte man hinterfragen, ob solche Fragen im Unternehmenszusammenhang Sinn ergeben und echten Erklärungswert stiften.

Bedenken Sie, ob eine Weiterempfehlung seitens der Mitarbeitenden sinnvoll ist.

Fragen nach der Bereitschaft eigene Produkte oder Leistungen weiterzuempfehlen, können bei kleineren und mittleren Unternehmen mit B2C-Produkten oder einer (unternehmensbezogenen) Dienstleistung durchaus hilfreich sein.

Weniger Sinn ergibt eine solche Frage bei hochkomplexen oder industriellen Produkten. Würde ein Windkraftturbinen-Hersteller diese Frage stellen, dann würde dies wohl für Schmunzeln sorgen, da Windturbinen äußerst selten im Bekanntenkreis benötigt werden.

4. Mitarbeiterumfrage mit sehr persönlichen Fragen

Beispielfrage 1: „Leiden Sie an einem der folgenden Symptome: Herzrasen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Sodbrennen…“

Beispielfrage 2: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer derzeitigen Lebensqualität?“

Unterscheiden Sie zwischen Mitarbeiterumfragen und Gesundheitsprojekten

Man findet in Mitarbeiterumfragen mitunter sehr persönliche Fragen, die zum Beispiel im Bereich Gesundheit versuchen, weit verbreitete Symptome zu analysieren. Die Gedanken, die hinter solchen Fragen stehen, sind eigentlich sehr positiv: Mögliche Symptome für Fehlbelastungen werden aufgedeckt, sodass das Unternehmen intervenieren kann. Aus unserer Sicht sollte dies aber nur in einem kontrollierten Rahmen von vertiefenden und kleingliedrigen Gesundheitsprojekten passieren, nicht aber im Zuge einer klassischen Mitarbeiterumfrage.

Ähnliches trifft auf Fragen zu, die allgemein nach der Lebenszufriedenheit oder dem Lebensglück von Mitarbeitenden fragen. Natürlich beeinflusst die private Lebenswelt das Erleben der Arbeitswelt und solche Antworten sind aus Forschungssicht interessant. Betrachtet man jedoch eine Mitarbeiterumfrage als Organisationsentwicklungsinstrument, sind derartige Fragen zum einen höchst privat und zum anderen ist die Interventionsmöglichkeit auf Ebene der Organisation überschaubar.

5. Mitarbeiterumfrage mit Anwendung des Net Promoter Scores (NPS)

Beispielfrage: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Unternehmen X Freundinnen und Freunden oder Kolleginnen und Kollegen weiterempfehlen werden?“

Beachten Sie, dass Ihre Mitarbeiterumfrage keine Marktforschung ist.

Beim Net Promoter Score handelt es sich eigentlich nicht um eine Frage, sondern um eine Methode. In der Marktforschung findet sie eine breite Anwendung. Dabei werden auf einer 11-stufigen Skala von 0-10 die eindeutigen Befürworterinnen und Befürworter (9, 10), den eindeutigen Ablehnerinnen und Ablehnern (0-6) gegenübergestellt und durch Subtraktion die „Netto-Befürworter:innen“ gebildet. In den letzten Jahren wird die Methode aber auch häufig auf Mitarbeiterumfragen übertragen, um Weiterempfehlungsbereitschaft für den Arbeitgeber zu messen. Dabei gibt es einiges zu berücksichtigen:

  • Der NPS ist und bleibt eine Marktforschungsmethode. Die Anwendung im Bereich der Mitarbeiterumfrage liegt zwar nahe, im Ergebnis entstehen jedoch häufig sehr abstrakte Fragen.
  • Die Methode selbst wird zudem auch oft falsch angewendet. Die Fehler bestehen häufig darin, dass Skalen (statt von 0-10) von 1-10 oder auch nur von 1-6 genutzt werden. Außerdem werden Fragen, die auf den NPS abzielen, anders formuliert. Aus einem „How likely“ bzw. „wie wahrscheinlich ist es“ wird ein „Do you“. Die Funktionalität der 0-10er Skala (die Wahrscheinlichkeiten von 0 % bis 100 % simulieren soll), ist somit nicht mehr gegeben.

Der Fragebogen als Literaturgattung

Einen Fragebogen zu formulieren ist eine Kunst und der Fragebogen an sich ist eine eigene Literaturgattung. Greifen Sie auf erprobte und validierte Instrumente zurück oder ziehen Sie Profis hinzu, die Sie mit Expertise und Erfahrung unterstützen können. Überarbeiten Sie Ihre Befragungsinstrumente in regelmäßigen Abständen und passen Sie diese an die sich laufend verändernde Unternehmenskultur, den Zeitgeist, aber auch an die Rahmenbedingungen an.

Mitarbeiterbefragungen sind Instrumente, die ein Unternehmen wachsen, lernen und sich entwickeln lassen. So machen wir mit unseren Befragungen die Welt zu einem besseren Arbeitsplatz: Projekt für Projekt, Fragebogen für Fragebogen, Ergebnisbericht für Ergebnisbericht.

 

Nutzen Sie unsere Expertise!

Das Thema dieses Beitrags interessiert Sie? In unserem vieJournal-Newsletter teilen wir mit Ihnen regelmäßig Praxistipps und Praxiserfahrungen aus unserem Projektalltag. Bleiben Sie am Laufenden!

Newsletter abonnieren